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Verwaltungsmodernisierung – Kernaufgabe der Politik

// WIRTSCHAFTSPOLITIK IN DER DIGITALEN GESELLSCHAFT

Verkehr und digitale Infrastruktur. Diese Auswahl ist jedoch

recht willkürlich – warum ist z. B. das Ministerium der Justiz

und für Verbraucherschutz nicht teil der Kernressorts?

Auch die Länder müssen mitziehen...

Natürlich ist es mit einem Antreiber (selbst wenn man

sein kleines Team mitzählt) nicht getan. Über den Koor-

dinator im Bundeskanzleramt braucht jedes Bundesmi-

nisterium einen Digitalisierungsbeauftragten (dabei geht

es wie beschrieben um deutlich mehr als um die klassi-

schen IT-Beauftragten). Zudem wäre es sinnvoll, wenn

diese Struktur in den Bundesländern gespiegelt würde.

Denn im föderalen Deutschland muss die Bewegung zur

Modernisierung auf allen staatlichen Ebenen vorange-

trieben werden. Ein Blick in andere Länder zeigt, wie viel

bereits heute möglich ist.

Case Study: Ein Blick nach Estland

Viele Länder gehen mit guten Vorbildern voran und refor-

mieren ihre Verwaltung fundamental, um in Zeiten einer

zunehmend digitalisierten Welt den Anschluss nicht zu

verlieren. Ein vielzitiertes Beispiel hierfür ist Estland. Der

baltische Staat befasste sich bereits seit Ende des letz-

ten Jahrhunderts intensiv mit der Dezentralisierung und

Optimierung der öffentlichen Verwaltung.

Dazu wurde zunächst eine technische Architektur auf-

gesetzt, die es erlaubt, schrittweise Dienstleistungen

der Verwaltung zu digitalisieren. Im Zentrum dieser

Architektur steht die sogenannte X-Road. Diese stellt

die technische Umgebung dar, die es erlaubt, dass die

verschiedensten Datenbanken und Systeme sicher und

kompatibel kommunizieren – sowohl im öffentlichen als

auch im privaten Sektor. Jegliche Kommunikation, die

über die X-Road führt, verfügt über eine digitale Signatur

und erfolgt verschlüsselt.

Die zweite wichtige Säule der digitalen Verwaltung von

Estland ist die e-ID. Hierbei handelt es sich um ein stan-

dardisiertes nationales System zur sicheren Verifizierung

von Identitäten. Dadurch kann eine eindeutige elektroni-

sche Identifizierung sichergestellt werden.

Durch das Zusammenspiel einer sicheren Infrastruktur

(X-Road) und einer zuverlässigen elektronischen Identi-

fizierung (e-ID) ist die estnische Regierung in der Lage,

schrittweise immer mehr Dienstleistungen zu digitalisie-

ren und somit den Bürgern und Unternehmen im Land

viel Zeit und Kosten zu ersparen.

Mittlerweile sind im staatlichen estnischen Informations-

system mehr als 600 Informationssysteme des öffentli-

chen und privaten Sektors gebündelt. Diese bieten Zu-

gang zu mehr als 2.500 Dienstleistungen. Dadurch ist es

z. B. seit 2007 möglich, innerhalb von nur 15 Minuten ein

Unternehmen online zu gründen.

Zahlreiche Hackerangriffe in der Vergangenheit zeigen

jedoch auch, dass ein zu großen Teilen digitalisiertes

Staatswesen einer beachtlichen Gefahr von Cyberkrimi-

nellen ausgesetzt ist. Umso wichtiger ist eine stabile und

sichere Architektur der digitalen Verwaltung. Estland ist

ein herausragendes Beispiel dafür, dass diese Aufgabe

gemeistert werden kann.