14
|
Verwaltungsmodernisierung – Kernaufgabe der Politik
// WIRTSCHAFTSPOLITIK IN DER DIGITALEN GESELLSCHAFT
Verkehr und digitale Infrastruktur. Diese Auswahl ist jedoch
recht willkürlich – warum ist z. B. das Ministerium der Justiz
und für Verbraucherschutz nicht teil der Kernressorts?
Auch die Länder müssen mitziehen...
Natürlich ist es mit einem Antreiber (selbst wenn man
sein kleines Team mitzählt) nicht getan. Über den Koor-
dinator im Bundeskanzleramt braucht jedes Bundesmi-
nisterium einen Digitalisierungsbeauftragten (dabei geht
es wie beschrieben um deutlich mehr als um die klassi-
schen IT-Beauftragten). Zudem wäre es sinnvoll, wenn
diese Struktur in den Bundesländern gespiegelt würde.
Denn im föderalen Deutschland muss die Bewegung zur
Modernisierung auf allen staatlichen Ebenen vorange-
trieben werden. Ein Blick in andere Länder zeigt, wie viel
bereits heute möglich ist.
Case Study: Ein Blick nach Estland
Viele Länder gehen mit guten Vorbildern voran und refor-
mieren ihre Verwaltung fundamental, um in Zeiten einer
zunehmend digitalisierten Welt den Anschluss nicht zu
verlieren. Ein vielzitiertes Beispiel hierfür ist Estland. Der
baltische Staat befasste sich bereits seit Ende des letz-
ten Jahrhunderts intensiv mit der Dezentralisierung und
Optimierung der öffentlichen Verwaltung.
Dazu wurde zunächst eine technische Architektur auf-
gesetzt, die es erlaubt, schrittweise Dienstleistungen
der Verwaltung zu digitalisieren. Im Zentrum dieser
Architektur steht die sogenannte X-Road. Diese stellt
die technische Umgebung dar, die es erlaubt, dass die
verschiedensten Datenbanken und Systeme sicher und
kompatibel kommunizieren – sowohl im öffentlichen als
auch im privaten Sektor. Jegliche Kommunikation, die
über die X-Road führt, verfügt über eine digitale Signatur
und erfolgt verschlüsselt.
Die zweite wichtige Säule der digitalen Verwaltung von
Estland ist die e-ID. Hierbei handelt es sich um ein stan-
dardisiertes nationales System zur sicheren Verifizierung
von Identitäten. Dadurch kann eine eindeutige elektroni-
sche Identifizierung sichergestellt werden.
Durch das Zusammenspiel einer sicheren Infrastruktur
(X-Road) und einer zuverlässigen elektronischen Identi-
fizierung (e-ID) ist die estnische Regierung in der Lage,
schrittweise immer mehr Dienstleistungen zu digitalisie-
ren und somit den Bürgern und Unternehmen im Land
viel Zeit und Kosten zu ersparen.
Mittlerweile sind im staatlichen estnischen Informations-
system mehr als 600 Informationssysteme des öffentli-
chen und privaten Sektors gebündelt. Diese bieten Zu-
gang zu mehr als 2.500 Dienstleistungen. Dadurch ist es
z. B. seit 2007 möglich, innerhalb von nur 15 Minuten ein
Unternehmen online zu gründen.
Zahlreiche Hackerangriffe in der Vergangenheit zeigen
jedoch auch, dass ein zu großen Teilen digitalisiertes
Staatswesen einer beachtlichen Gefahr von Cyberkrimi-
nellen ausgesetzt ist. Umso wichtiger ist eine stabile und
sichere Architektur der digitalen Verwaltung. Estland ist
ein herausragendes Beispiel dafür, dass diese Aufgabe
gemeistert werden kann.