Chefsache Digitalisierung

Chefsache Digitalisierung

Der 33-jährige Unternehmer David Lehmann ist Leiter der wirtschaftspolitischen Kommission und fordert zum Thema Digitalisierung einen Masterplan statt einzelner Aktionen.

Industrie 4.0 heißt seit einem Jahr das Stichwort. Und es ist grundsätzlich gut, dass die Bundesregierung die Herausforderungen der Digitalisierung versteht und sich ihrer annimmt. Aber es ist wichtig, dass wir alle bei dem Thema größer denken und nicht nur die Industrie in den Fokus nehmen. Wir haben die Digitalisierung viel zulange zögerlich behandelt. Wir müssen die Gesellschaft digitalisieren. Erst dann kann die digitale Wirtschaft erfolgreich sein. Wenn wir den Sprung in die digitale Welt verpassen, werden wir langfristig ins Hintertreffen geraten. Wenn wir jetzt die richtigen Maßnahmen ergreifen, können wir auch noch 2030 eine bedeutende Rolle in der Weltwirtschaft einnehmen und ein geachtetes Industrieland bleiben. Aktuell rangieren wir, beispielsweise was den Glasfaserausbau betrifft, auf den letzten Plätzen hinter Mexiko und Ungarn. Wenn wir jetzt den Absprung verpassen, haben wir für immer die rote Laterne. Welche konkreten Maßnahmen meine ich?

Kultur digitalisieren

Wir müssen zunächst einmal die Kultur in unserer Gesellschaft auf die Digitalisierung ausrichten. Ein großer Teil der Arbeit, nämlich jede Bürotätigkeit, ist heutzutage nicht mehr an einen Ort gebunden, sondern überall dort möglich, wo man seinen Laptop an den Strom und ans Internet anschließen kann. Wenn diese Erkenntnis in unseren Köpfen ankommt und in den Unternehmen umgesetzt wird, hat das positive Effekte auf ganz viele Bereiche im Leben: So wird eine echte Work-Life-Balance möglich und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch kein Lippenbekenntnis mehr.

Anpassung des Arbeitsrechts und Ausbau der Infrastruktur

Mittelbar kann sich eine solche Kulturveränderung auch positiv auf unsere demografische Entwicklung auswirken. Was hindert uns daran? Verschiedene Dinge, aber zwei im Besonderen. Erstens: Die Arbeitsmarkt-Politik bremst nicht nur, sondern sie fährt in die völlig falsche Richtung. Das Arbeitsrecht will allen Ernstes erwachsenen Menschen vorschreiben, wie ihr Schreibtisch und ihr Stuhl beschaffen zu sein haben. Und die Unternehmen in Haftung nehmen, wenn Mitarbeiter im Home-Office die falsche Beleuchtung gewählt haben. So werden wir in die Zeit der Schreibmaschine zurückkatapultiert.

Zweites Thema: Wir brauchen endlich eine funktionierende Infrastruktur. Für die Unternehmen, aber auch für die Mitarbeiter. Die theoretische Möglichkeit,ein Home-Office zu nutzen, bringt dem Grafiker gar nichts, wenn er zufällig kein Breitband vor Ort hat, aber täglich große Datenmengen von a nach b schicken muss. Der Glasfaserausbau ist dabei ungeheuer wichtig. Die Finanzierung dürfte eigentlich nicht das Problem sein: Geben wir doch in den nächsten 15 Jahren über 200 Milliarden Euro für ein Rentenpaket aus. Hier möchte ich auch noch einmal unseren Vorschlag anbringen, die staatlichen Anteile an der Telekom zu verkaufen. Dabei könnten aktuell zehn bis zwanzig Milliarden Euro erlöst werden. Wir brauchen also nur den politischen Willen.

Bildungsreform

Und für eine Veränderung unserer Kultur brauchen wir eine flächendeckende Bildungsreform. Es geht dabei nicht darum, Klassenzimmer mit neuen, bald aber überholten, Geräten auszustatten.

#BOX MIT ID 81 NICHT GEFUNDEN#

Die digitale Medienkompetenz von Schülern muss gestärkt werden, genau wie das Verständnis für technische Zusammenhänge. Es geht darum, die Ziele der Lehrpläne an die digitale Realität anzupassen. Programmiersprachen gehören schon früh in den Unterricht. Die digitale Medienkompetenz von Schülern muss gestärkt werden, genau wie das Verständnis für technische Zusammenhänge. Und neben den Lern-Inhalten sollte man auch die Lern-Techniken reformieren: Blended-Learning und digitale Zusammenarbeit müssen Standard an unseren Schulen werden. Auch das Testen von innovativen Ansätzen, wie etwa der Einsatz von Gamification statt Schulnoten, sollte kein Tabu sein. Wir müssen uns auf die Ziele unserer Ausbildung besinnen. Kreativität, Selbstständigkeit und Neugier müssen geschult werden, zugleich mit dem verantwortungsbewussten Umgang mit den eigenen Daten im Internet.

Das sind die Kernkompetenzen der Zukunft. Einfache Tätigkeiten und Routineaufgaben werden wahrscheinlich zunehmend automatisiert erledigt. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch andere Themen wie E-Government, Bürokratie-abbau und weitere brach liegende Felder müssen dringend bearbeitet werden. Es gibt viel zu tun. Wir profitieren am Ende alle davon. Die Bundesregierung muss nun endlich den Masterplan vorlegen!


Zur Person

Der 33-jährige junge Unternehmer David Lehmann ist Geschäftsführer der Berliner Unternehmensberatung JUNGMUT Consulting GmbH. Sein Unternehmen ist spezialisiert auf die digitale Transformation – auf dem Weg ins digitale Zeitalter – vor allem mittelständischer Unternehmen. Bei DIE JUNGEN UNTERNEHMER ist David Lehmann seit 2013 als Mitglied engagiert. Seit 2015 leitet er hier die Kommission Wirtschaftspolitik und ist damit Mitglied im Bundespräsidium.

 
 
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